Paris motiviert: Im Grünen flanieren ist hier ganz einfach
Anne Hildalgo ist seit April 2014 die Bürgermeisterin von Paris und ihre grüne Idee einer Stadt in urbaner ökologischer Transformation ist heute unübersehbar: Frankreichs Hauptstadt zeigt sich deutlich leiser, grüner und kühler als noch vor zehn Jahren.
Eine ambitionierte Verkehrswende lässt Bewohnerinnen und Bewohner sowie Touristinnen und Touristen frei bewegen und atmen: weniger Autoverkehr, Tempo 30 in der Stadt, breite Fahrradstraßen, große Fußgängerboulevards, Pocketparks statt Parkplätze. Die Nahversorgung soll für alle innerhalb von 15 Minuten erreichbar sein – zu Fuß oder mit dem Rad. Das prägt die Stadt. Die Feinstaubwerte und die Luftverschmutzung sind durch diese Maßnahmen messbar gesunken, das Stadtklima hat sich deutlich verbessert, die Verkehrslärmbelastung ist zurückgegangen.
2026 will Hidalgo nicht wieder antreten – sie meint 12 Jahre müssten genügen. Was sie erreicht hat, ist für jede und jeden deutlich sichtbar und spürbar. Das „grüne“ Paris ist gelebte Realität und findet international Anerkennung. Es macht große Freude durch die grüne Stadt der Liebe zu flanieren. Es gibt so viel zu sehen und zu entdecken. Die Beete entlang der verkehrsberuhigten Straßen laden zum Verweilen ein. Die Bepflanzung ist mit Stauden und Gräsern nachhaltig ausgewählt. Wechselflor gibt es selten zu sehen. Die Beete, Pocketparks und neu angelegten Parks auf den Plätzen großer Kirchen sind mit Zäunen geschützt – letztere werden nachts sogar geschlossen.
Die grünen Maßnahmen werden auf Schildern erklärt – nicht mit Schlagwörtern wie „blau-grüne Infrastruktur“, „Ökosystemleistung“ oder mit Performancewerten von Bäumen, sondern ganz einfach, sogar für Kinder verständlich. Jede und jeder soll begreifen: Es ist „unsere Stadt“, sie gilt es zu schützen. So wird im Jardin du Luxemburg, wo Tausende ihre Mittagspause, den Feierabend oder das Wochenende auf bequemen Liegestühlen oder beim Boulespiel verbringen, das Gras nicht mehr überall kurz geschoren. Stattdessen dürfen Wiesen entstehen. Man legt sich an den Rand des hohen Grases und achtet auf leise Geräusche. Dazu ermuntert der dezente Hinweis auf einem Schild: „Hörst Du es eigentlich summen?“ Darunter stehen anregende Fragen: „Warum brauchen wir Artenvielfalt und wie schafft man sie in der Stadt? Wie wichtig sind Bäume, Gärten, Parks, ja, jegliche Art von Grünfläche für den Wasserhaushalt, die Temperatur, die Tiere und Menschen?“
Interessant ist auch die Kombination von öffentlichem Freiraum und Sportmöglichkeiten. Es geht nicht nur um Boule, Ballspiele und Joggen – ganze Fitnessplätze gibt es, zum Beispiel auf den Plätzen vor den Kirchen in kleinen, abgegrenzten Gärten mit großer botanischer Vielfalt. Kinderspielplätze liegen im Schatten großer Bäume in schönen Gärten mit reichlich Sitzplätzen für die Erwachsenen. Es klingt alles zu schön, um wahr zu sein, und es mag sich auch nicht im ganzen Stadtgebiet so gelungen präsentieren, aber man gibt sich auf jeden Fall viel Mühe. Bürgerbeteiligung wird großgeschrieben und das sowohl in den historischen Tuilerien wie in den Vororten. Gemeinschaftsgärten laden mit QR-Codes zum Mitmachen ein. Hochbeete, Bienenkästen, Naschgärten … all das gibt es hier und macht einen sehr belebten Eindruck. Bestechend ist die niedrigschwellige Ansprache der Menschen vor Ort. Manches wirkt wie mit der Hand gemalt, aber einladend: „Wenn ihr Ratten vermeiden wollt, dann werft keine Lebensmittel weg“. Das versteht jeder! „Wie kommt der Fuchs in die Stadt?“ oder „Hast Du schon mal einen Igel gesehen?“ – Mitten in Paris.
Auch im berühmten botanischen Garten nimmt Kommunikation einen hohen Stellenwert ein, selbst für die Kleinsten. An einem Sonntagmorgen sitzen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des universitären Gartens im Gras, um sie herum kleine Kinder ab drei Jahren. Sie beschäftigen sich damit, was es mit Blattläusen, Marienkäfern, Blumen und Pflanzen auf sich hat. Die Kinder lauschen aufmerksam, Eltern oder Großeltern stehen auf Abstand und lernen mit.
Der Druck auf die großen öffentlichen Parks ist gigantisch, vor allem während der Mittagszeit. Dann laufen die Parks fast über. Die einen ziehen sich die Laufschuhe und das Schweißband an, schnallen sich das Handy an den Oberarm und joggen los. Die anderen flanieren über die Wege oder suchen sich ein Plätzchen im Schatten. Paris ist teuer – aber auch eine Draußenstadt und im öffentlichen Freiraum ist der Konsumdruck niedrig. Essen kann man sich mitbringen, gegen den Durst hilft der öffentliche Trinkwasserbrunnen, davon gibt es nicht nur einen.
Was nach einem solchen Besuch bleibt: Die Gewissheit, dass es sich lohnt, konsequent und mutig den Stadtumbau voranzutreiben. In erstaunlich kurzer Zeit ist in Paris etwas gelungen, was Schule machen könnte und sollte.
Quelle: Grünes Presseportal (GPP)