Fachartikel: Privatgärten

Rasen im Vorgarten? Irgendwie unlogisch…

Kein Garten ohne Rasen – so könnte man zumindest meinen, wenn man hierzulande auf die Grundstücke schaut. Tatsächlich gehört die grüne Fläche für viele Menschen einfach dazu, zumeist aus ganz praktischen Gründen. Auf Rasen können die Kinder spielen, die Eltern entspannen, der Hund seine Runden ziehen… nur die wenigsten Pflanzen halten all diesen Aktivitäten stand.

Wildblumenbereiche beispielsweise wollen gar nicht erst betreten werden, ähnlich geht es Staudenbeeten. Bodendecker wie Sand-Thymian (Thymus serpyllum) oder Römische Teppich-Kamille (Chamaemelum nobile) werden zwar häufig als Alternativen genannt, denn auch sie wachsen dicht, niedrig und sind durchaus begehbar. Dennoch: Ein vollwertiger Ersatz für einen aktiv nutzbaren Rasen sind sie nicht.

Zur aktiven Freude
Rasen bietet also – fast konkurrenzlos – all das, was es braucht, um sich im Grünen zu bewegen und aufzuhalten. Das erkannten die Menschen schon vor Jahrhunderten. Im Mittelalter wurden im Umfeld der Städte bereits Wiesenflächen speziell für Wettkämpfe und Feste angelegt. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts kamen sogenannte „pleasure grounds“ in Mode: Rasenflächen zum Lustwandeln, an die hohe pflegerische Qualitätsansprüche gestellt wurden. Und auch heute noch sind Rasenflächen in den Parks der Städte und auch in privaten Gärten für viele Menschen enorm wichtig und sie sollen stets perfekt aussehen. Er wird vertikutiert, nachgesät, gedüngt, gemäht, gegossen. Viel Arbeit, aber häufig ist er es in den Augen vieler Familien wert – immerhin bietet er den Kindern die Möglichkeit, in einem geschützten Raum ihren Bewegungsdrang zu stillen, meistens hinter dem Haus. Aber wie sieht es im Vorgarten aus?

Repräsentation statt Aktion
Der Vorgarten ist eher eine Repräsentations-, denn eine Nutzfläche. Hier können die Hausbewohnerinnen und -bewohner sich der staunenden Öffentlichkeit so darstellen, wie sie gesehen werden wollen. Zwar hat der Vorgarten auch ganz klar eine soziale Funktion – hier kommt man mit den Nachbarn in Kontakt, tauscht sich mit Spaziergängern aus –, aber tatsächlich genutzt wird der Bereich zwischen Haus und Straße eher selten. Anders als noch vor ein paar Jahrzehnten ist die Gartenbank vor dem Haus heute eine Seltenheit – viel lieber hält man sich im Privaten auf als in diesem halböffentlichen Raum. Aktiv genutzt wird der Vorgarten in der Regel nur dann, wenn man geht und wenn man kommt. Und trotzdem entdeckt man auf einem Großteil der Grundstücke eine penibel gepflegte Rasenfläche. Da stellt sich die Frage: Wieso?

Rasen im Vorgarten: Ergibt das Sinn?
„Viele Menschen sehen im Rasen eine einfache Art der schnellen Begrünung von Flächen. Aber das ist natürlich zu kurz gedacht“, weiß Uschi App vom Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL). „Zu Beginn geht es zwar tatsächlich schnell – man braucht sich im Vorfeld kaum mit Aspekten wie Standortbedingungen oder der Vergesellschaftung von Pflanzen auseinanderzusetzen – auf lange Sicht benötigt aber kein anderer Bereich im Garten so viel Aufmerksamkeit wie eine Rasenfläche.“ Wenn man sich eine pflegeleichte Gestaltung für den Vorgarten wünscht, gebe es im Pflanzenreich deutlich sinnvollere Alternativen, die darüber hinaus auch Insekten und Vögeln Nahrung und Rückzugsorte bieten, kaum bis gar kein zusätzliches Wasser verlangen und insgesamt klimarobuster als Rasenflächen sind, so die Expertin für Garten und Landschaft.

Mit Blick nach vorn
Rasen hat hinter dem Haus durchaus seine Berechtigung, vor allem für Familien – dann rentiert sich hinsichtlich der Freude bei verschiedenen Outdooraktivitäten auch die regelmäßige Pflege. Doch im Vorgarten empfehlen Landschaftsgärtnerinnen und -gärtner eher, auf trockenheitsresistente Stauden, Gräser und Gehölze zu setzen oder, wenn es eine möglichst flache Bepflanzung sein soll, Bodendecker zu wählen, die eindrucksvoll blühen.

Generell gilt: Wer durch das Jahr abwechslungsreiche Blütenfreude erleben und auch Tieren etwas bieten möchte, erstellt gemeinsam mit den Expertinnen und Experten für Garten und Landschaft einen auf den Standort und die individuellen Wünsche angepassten Pflanzplan. „Einmal angelegt, hat man fast das gesamte Jahr über Ruhe. Gräser und Stauden beispielsweise müssen nur einmal im Frühjahr geschnitten und nur bei langanhaltender Trockenheit gegossen werden. Da kann eine klassische Rasenfläche nicht mithalten“, so Uschi App. „Hinzu kommt, dass man immer wieder neue Überraschungen erlebt, neue Blüten, Farben, Früchte entdeckt, Bienen und Schmetterlinge beobachten kann, Vögel zwitschern hört… da blüht und lebt der Vorgarten richtig auf!“

Weitere Informationen rund um eine blütenstarke, klimarobuste Vorgartengestaltung gibt es auf www.mein-traumgarten.de/Vorgarten.

Quelle: Bundesverband Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau e. V. (BGL)

Foto (BGL): Der Vorgarten ist eher eine Repräsentations-, denn eine Nutzfläche. Hier können die Hausbewohnerinnen und -bewohner sich der staunenden Öffentlichkeit so darstellen, wie sie gesehen werden wollen.

Foto (BGL): Anstatt zu einer pflegeintensiven Rasenfläche raten Landschaftsgärtnerinnen und -gärtner lieber zu robusten Gräsern. Diese wachsen ebenfalls dicht, benötigen aber deutlich weniger Wasser und nur einmal im Jahr einen kräftigen Schnitt.

Foto (BGL): Bodendecker sind eine praktische und attraktive Alternative zu Rasen. Sie bilden eine dichte Decke, geben unerwünschten Wildkräutern keinen Platz zum Wachsen und müssen nicht gemäht werden.

Foto (BGL): Während eine Rasenfläche das gesamte Jahr über fast gleich aussieht, bietet ein abwechslungsreich bepflanzter Vorgarten immer wieder überraschende Ansichten und jahreszeitliche Blütenpracht.